Der dritte Spielbericht, den ich für Call of Cthulhu geschrieben habe beschäftigt sich ausnahmsweise mal mit einem frei verfügbaren Szenario. Ihr könnt es umsonst bei Cthulhus Ruf herunterladen:
http://www.cthulhu.de/abenteuer/
Eine etwas überarbeitete Version erschien auch in Ausgabe 21 der Cthuloiden Welten. Aber zum leiten reicht die Online-Version völlig aus.
Ich habe das Szenario vor einigen Jahren auf den Oldneburger Spieletagen zum ersten Mal geleitet, und es lief dort sehr gut. Ich musste es recht schnell durchziehen - ich hatte ja nur 5 Stunden für
Abenteuer und Charakterausgestaltung zur Verfügung. Trotzdem lief alles glatt und die Spieler hatten riesigen Spaß am Abenteuer.
Dauer: 4,5 Stunden
Spieler: 5 Spieler mit unterschiedlicher Cthulhu-Erfahrung, 3
Herren der Schöpfung und 2 Damen. Drei der Spieler hatten zuvor noch nie
Cthulhu NOW gespielt.
Charaktere:
Als Charaktere benutzte ich die dem Abenteuer beigefügten Charaktere,
und ließ sie von den Spielern mit Hilfe der Hobbyfertigkeitspunkte
"personalisieren". Letztendlich hatten wir dann als Charaktere:
- Klaus Mahler (Polizist)
- Oliver "Ollie" Schneider (IT-Nerd)
- Dr. Sibille Trautmann (Amtsärztin)
- Regina Silber (Abteilungsleiterin im Gesundheitsamt und Teamleiterin)
- Dr. Shana Westwood (Biochemikerin)
(ein männlicher Spieler spielte einen weiblichen Charakter - störte mich nicht, und funktionierte sehr gut)
Setting: Wir entschlossen uns dazu, dass Abenteuer nominell in Berlin stattfinden zu lassen.
Die Epidemie:
Die im Anhang beigefügten Beschreibungen für die verschiedenen Stufen
der Epidemie kamen gut an. Ich habe sie zu gegebener Zeit so in die
Geschichte eingeflochten, dass die SCs sie selber miterlebten, was sehr
gut angenommen wurde. Mehr dazu später.
Ablauf:
Stufe 1: Einstieg
Wir begannen damit, dass ich eine kurze Einführung in die bisherigen
Geschehnisse gab (Grippe-Epidemie in der Stadt, Einrichtung des Teams
von Frau Silber, etc...). Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich die
im Anhang gegebene Beschreibung für "Stufe 1" mit eingeflochten.
Stufe 2: Das Schwimmbad
Punkt 22:47 kam dann der Pieper-Alarm, und alle machten sich sofort auf
den Weg zum Schwimmbad. Vor Ort angekommen, wartete man auf den
Nachzügler (Ollie war mit dem Rad unterwegs) und begann sich zunächst
das Gebäude von Außen anzusehen. Das flackernde Licht drinnen sorgte
bereits für eine ominöse Stimmung - und durch die großen Fenster erahnte
man nur einige Schemen im Schwimmbecken (die vorbeitreibenden
Badeanzüge). Drs. Trautmann und Westwood fanden relativ schnell die
Fußspuren, übersahen jedoch den Fotoapparat (dieser wurde später von
einem Polizisten der Spurensicherung entdeckt und so in ihre Hände
gespielt.) Frau Silber versuchte unterdessen einen Hausmeister zu
erreichen, was aber ob eine völlig verpatzten Ansehen-Probe fehlschlug.
Schließlich erfuhr sie, dass ein Bademeister im Gebäude sein sollte -
und als niemand auf Klopfen und Klingeln reagierte entschloss man sich
kurzerhand dazu, den Notausgang aufzubrechen. Was auch immer drinnen für
ein Problem herrschte, man wollte lieber nicht von Vorne kommen.
Während Ollie zurückblieb um noch schnell die Autokennzeichen der beiden
vor dem Bad geparkten Wagen zu überprüfen (Bademeister und Lehrerin),
gingen die Anderen hinein. Man trennte sich und während Dr Trautmann und
Frau Silber die Büros und die Rezeption aufsuchten, gingen Dr Westwood
und Kommissar Mahler zum Schwimmbecken. Sie fanden die Kleidung in der
Sammelumkleide, und überstanden auch die Schwimmhalle ohne nennswerte
Stabilitäts-Verluste. Während Ollie die Überwachungsvideos sicherte,
nahmen die anderen Proben und riefen die Polizei zwecks Absperrens des
Geländes. Dr. Trautmann fand wohl das Klassenbuch, zählte einmal durch,
wieviele Schüler fehlten, maß aber dem unentschuldigten Fehlen von
Thomas Sievers keinerlei Bedeutung zu.
Ollie Schneider, der als Einziger nicht die Schwimmhalle betrat, kehrte
dann ins Institut zurück um mit der Analyse der Videos zu beginnen. Die
anderen untersuchten noch die Messtation im Keller, fanden den
getrockneten Schleimklumpen im Abfluss und besuchten danach diverse
Desinfektionsduschen (auch ihre Kleidung ließen sie vorsichtshalber als
"Biohazard" eintüten). Außerdem beschloss die Gruppe an dem Abend lieber
nicht nach Hause zu fahren, um Familienmitglieder (Dr. Trautmann war
stolze Mutter der siebenjährigen Finja) nicht anzustecken, sollte man
sich doch etwas eingefangen haben.
Stufe 3: Nachforschungen
Ollie kehrte also früher als alle anderen zum Institut zurück und traf
im Korridor einen seiner Kollegen an (Beschreibung der Stufe 2).
Verständlicherweise machte ihn dies völlig panisch und als IT-Nerd
fühlte er sich auch sofort an die einschlägigen Zombie-Filme erinnert.
Er verbarrikadierte sich im nächstbesten Büro und rief mit dem Handy den
Sicherheitsdienst zu Hilfe. Zitternd und völlig panisch lauschte er den
Geräuschen auf der anderen Seite der Tür, bis er sicher war dass sowohl
Infizierter wie auch Sicherheitsdienst fort waren. Dann rief er die
anderen an und wurde beauftragt eine Probe des kranken Kollegen zu
nehmen. Unter weiteren Panikattacken schaffte er es, eine Probe des
Speichels von der Tür zu nehmen, die der Infizierte darauf hinterlassen
hatte. Dann flüchtete er ein sein Büro, schloss die Tür ab, und
verklebte vorsichtshalber auch alle Lüftungsöffnungen...
Am nächsten Morgen traf man sich um die letzte Nacht noch einmal Revue
passieren zu lassen. Dabei bekamen die SCs mit, dass die Kinder der 5c
inzwischen als vermisst gemeldet wurden, aber Frau Silber gab die Order
raus, den Eltern vorsichtshalber nichts über die näheren Umstände
mitzuteilen. Dann schauten sie sich die wiederhergestellten
Überwachungsvideos an. Jetzt begannen die Stabilitätsverluste sich
aufzusummieren. Insbesondere Herr Mahler und Dr. Trautmann waren äußerst
mitgenommen. Letztere äußerte die Theorie, die Kinder seien evtl vom
Schwimmbadwasser "verdaut" worden ("von wegen Magensäure und so...").
Die Kamera wurde den Charakteren von der Spurensicherung übergeben, und
Frau Silber und Herr Mahler machten sich daran, die Fotos entwickeln zu
lassen. Ollie versuchte den unbekannten Mann vom Video per
Bildbearbeitungsprogramm irgendwie besser sichtbar zu machen. Die
anderen Beiden begaben sich zwecks Analysen in die Labore.
Die Ergebnisse sind bekannt - Dr. Westwood schickte die Schleimprobe
schließlich an einen Kollegen um einen genetischen Fingerabdruck
erstellen zu lassen.
Kommissar Mahler kam schließlich auf die Idee bei seinen Kollegen nach
bekannten Pädophilen in der Gegend zu fragen und bekam schnell den Tipp
auf Frenzel. Er verabredete sich mit Dr. Trautmann in der Polizeiwache
und fuhr dorthin. Frau Trautmann machte sich ebenfalls auf den Weg,
geriet auf dem Weg dorthin allerdings in die Demonstration (Beschreibung
Stufe 3) und wurde so Zeugin wie sich der erste Lynchmob formierte. Sie
fuhr weiter zur Polizeistation und beschloss ihren Kollegen zunächst
nichts davon zu sagen. Sie verhörten Frenzel, und legten dabei ein
absolut unprofessionelles Verhalten an den Tag, so dass dieser schon
nach kurzer Zeit völlig die Kontrolle verlor. Dr. Trautmann rief
daraufhin ihre beste Freundin zu Hilfe (die war zufälligerweise *hüstel*
Psychologin). Daraufhin fuhr man zurück ins Institut zur
Lagebesprechung, denn Dr. Westwood hatte inzwischen den genetischen
Fingerabdruck bekommen und herausgefunden, dass der Schleim radioaktiv
war.
Mit der Schulleitung sprachen die SCs ebensowenig wie mit den Familien
der Kinder. Nachdem sich die Psychologin zurückmeldete und die SCs von
Frenzels Obsession mit Thomas Sievers unterrichtete, machte sich
Kommissar Mahler auf den Weg zum Wohnblock (Geigerzähler im Gepäck). Die
Anderen blieben zunächst allein zurück.
Stufe 4: Wohnblock
Inzwischen waren die Aufstände in der Stadt nicht mehr zu vertuschen.
Auf dem Weg zum Wohnblock fuhr Mahler durch eine Stadt, die zum
Kriegsgebiet geworden war (Beschreibung Stufe 4 - 1. Absatz). Die
zurückgebliebenen SCs versuchten verzweifelt sich einen Reim auf die
Geschehnisse zu machen, und drehten sich im Kreis. Schließlich einigte
man sich darauf, dass Ausgangspunkt und damit wohl Ursache im Schwimmbad
zu finden sein. Der Rest der Gruppe fuhr also dorthin zurück. Sie
liefen mit Geigerzählern herum, um "Hotspots" zu finden (Schwimmbecken,
Sammelumkleide, Eingangsbereich) - erkannten aber nicht, dass dies die
Orte sind, an denen alle Kinder gemeinsam waren. Selbst als ich betonte,
dass der draußen stehende Wagen der Lehrerin mehr strahlte als die
Umgebung, wurde den Spielern nicht bewusst, dass es die Personen selber
waren, die die Strahlung in sich trugen. Statt dessen vermutete man in
Panik irgendein strahlendes, kinder-verdauendes Wesen unter dem
Schwimmbad ...
Unterdessen traf Mahler am Wohnblock ein, und wurde sofort von einigen
Infizierten belagert (ich wollte eigentlich nicht, dass der Charakter
alleine in den Block geht - und es bot sich hier die Gelegenheit den 2.
Teil der Stufe 4 Beschreibung mit ihm auszuspielen). Der Spieler
verpatzte unglaublich viele Proben hintereinander, was die Panik enorm
steigerte. Die Dienstwaffe - Ladehemmung (00 Patzer) als sie genau ins
Gesicht eines Infizierten "Zombies" zielte, der Gurt klemmte (99), beim
Umdrehen im Sitz Knie angeschlagen (98 )... In seiner Panik legte der
Spieler kurzentschlossen den Rückwärtsgang ein, fuhr den Wagen an einer
Häuserwand zu Schrott, und flüchtete humpelnd in... den Wohnblock (SL =
*seufz*).
Während dessen wurde den Anderen im Schwimmbad klar, dass sie irgendwie
falsch dachten. Ollie überprüfte die Wasserversorgung der Stadt und
konnte keine weiteren "seltsamen" Messdaten finden. Sie beschlossen nach
viel Hin-und-Her zurück zum Institut zu fahren. Immerhin fühlten sich
alle inzwischen völlig hilflos und es machte sich die Stimmung breit:
"Wir können es eh nicht mehr aufhalten. Wir sind alle so was von tot."
Mahler versuchte sein Glück im Treppenhaus des Wohnblocks, traf
allerdings einen Infizierten, der (unfreiwillig) die Treppe
hinunterfiel. Und Mahler (ganz Polizist) fing ihn auf, er hätte sich ja
verletzen können (Ausweichen Patzer - der Spieler hatte echt kein Glück
an dem Abend)... Daraufhin hatte er genug und flüchtete. Hustend (er
hatte sich inzwischen angesteckt) verbarrikadierte er sich in einer
Telefonzelle und rief seine Teamkollegen zu Hilfe.
Die SC packten sich in Strahlenschutzanzüge und fuhren los zum Wohnblock
(unterwegs sammelten sie Mahler auf). Dort angekommen nahmen alle die
Treppe (bis auf Mahler, der war vom letzten Mal so geschockt, dass er
lieber im Aufzugschacht kletterte - der Charakter hatte an diesem Punkt
bereits 10 Stabilitätspunkte verloren). Da uns jetzt auch die Zeit knapp
wurde, legte ich den Spielern keine weiteren Probleme in den Weg. Ollie
bemerkte noch das Stöhnen aus der infizierten Wohnung, trat die Tür
auf, und wurde Zeuge der Auflösung. Er rang sich sogar dazu durch, von
dem Schleimklumpen eine Probe zu nehmen, bevor sich dieser durch den
Lüftungsschacht davon machte. Von diesem Intermezzo abgesehen, kamen die
SCs ohne größere Schwierigkeiten zur Wohnung der Sievers, wo sie auch
sofort die Arztrechnungen und das Matheheft fanden.
Leider konnten sich die Spieler aus der Zeichnung keinen Reim machen -
auch weil sie darauf bestanden sie immer "von oben nach unten" zu lesen.
Das führte dazu, dass die Geschichte in ihrer Version immer mit
"gesunder Thomas wird krank" anfing. Bis zum Auflösungsprozess konnten
sie es nachvollziehen, aber die gesamte linke Seite blieb ihnen
schleierhaft... (Auch verstanden sie die Abbildung Adams und Evas nicht
und interpretierten sie als "Mama" und "Papa"...) Frenzels Wohnung wurde
nur noch oberflächlich angeschaut und relativ schnell als unwichtig
verworfen.
Da die Spieler keine Ahnung hatten, was sie jetzt noch tun könnten um
die Stadt zu retten, beschlossen sie Thomas zu folgen und auch zur
Schule zu fahren. Kommentar: "Wir sind ja eh schon tot, also was
soll's."
Stufe 5: Schule
Unterwegs brachte ich noch die Beschreibung der Stufe 5 ein. Und
zusammen mit den Beschreibungen des Schulgeländes und der Charaktere in
ihren Strahlenschutzanzügen ergab sich eine wunderbar surreale Stimmung.
Die SCs wanderten durch die Schule, fanden den Klassenraum der 5c und
wussten die Ironie des Posters vom Baum des Lebens sehr zu schätzen
(schöner Effekt das). Tja, und sie hatten immer noch keine Ahnung, was
zu tun sei...
Und dann kam Dr. Trautmann auf die glorreiche Idee, den gesammten Raum
mit Chlor einzunebeln. Extrem tödlich, und hat ja im Schwimmbad mit dem
Schleimklumpen auch geklappt... An diesem Punkt war ich willens jedes
Angebot zur Lösung von Seiten der Spieler anzunehmen (wir hatten nur
noch knapp 15 minuten übrig). Tatsächlich rief Frau Silber die Armee zu
Hilfe, was noch einmal für etwas Aufregung am Ende sorgte (mit
Hubschraubern, marschierenden Soldaten, Sondereinsatzkommandos, die das
Gelände sicherten, etc...).
Sie brachten eine Chlor-Bombe in das Klassenzimmer (Dr. Westwood and
Mahler gingen die Nerven durch, und sie flüchteten lieber anstatt den
Anderen zu helfen), gingen in Deckung und drückten den Knopf...
Es gab einen nicht sehr lauten Puff, und alle warteten angespannt... und
warteten... und warteten... und gerade als sie dachten es klappe nicht,
tat es das doch. Großes Aufatmen in der Runde.
Fazit:
Trotz des Zeitmangels am Ende war es eine durch und durch gelungene
Runde. Ich hätte den Nachforschungs-Teil noch etwas straffen können,
aber es lief auch so. Am meisten Probleme hatten meine Spieler mit dem
Entschlüsseln der Zeichungen im Schulheft. Außerdem gingen sie (als
erfahrene Rollenspieler) völlig davon aus, dass es irgendwo ein
"Monster" gibt, dass direkt verantwortlich für das Verschwinden der
Kinder ist. Insofern war die Auflösung des Abenteuers ein echter
Aha-Effekt für alle.
Alle Spieler hatten aber ihren Spaß und fanden das Abenteuer sehr gut
aufgebaut. Also nochmal ein *thumbsup* - ein echt gelungenes Abenteuer.
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