Wieder ein sehr ausführlicher Spielbericht. Diesmal über das Call of Cthulhu Szenario "Das Geheimnis des Schwarzwaldhofs" aus dem Spielleiterhandbuch (2. und 3. Edition).
Das Szenario sollte auf keinen Fall mit "Nachts im Schwarzwald" verwechselt werden, einem Szenario aus dem 1. Edition SL Handbuch! Beide sind extrem unterschiedlich, und wo "Nachts im Schwarzwald" sehr viel railroaded, folgt "Das Geheimnis des Schwarzwaldhofs" mehr dem Sandkasten-Prinzip. Das war auch ganz gut so, denn meine Spieler/innen haben ziemlich viele Dinge getan, die ich nicht eingeplant hatte...
Spieler: Es nahmen 3 Spieler teil – alle drei erfahrene Rollenspieler, zwei von ihnen aber noch relativ neu bei Cthulhu.
Dauer: 5,5 Stunden
Charaktere:
Zwei der Charaktere hatten bereits „Den Gaukler von Jusa“ durchlebt (siehe hier). Der dritte Charakter wurde kurz vor diesem Abenteuer erstellt.
Gottfried Krämer: 46 Jahre alt, Katholischer Priester, Lehrender am
Priesterseminar in Tübingen. Gottfried hatte nach den Ereignissen des
„Gauklers“ ein Jahr frei genommen, um sein Leben wieder in den Griff zu
bekommen – was ihm auch sehr gut gelungen ist.
Lieselotte Bosler: (geb. Krämer), 36 Jahre alt, Gottfrieds jüngere
Schwester. Sie wurde von den Ereignissen des „Gauklers“ extrem mitgenommen,
und auch die Jahre darauf brachten ihr kein Glück: in der
Zwischenzeit war ihr Mann gestorben, so dass sie mit der Apotheke
alleine dastand. Um die Ereignisse von '24 zu verdrängen, warf sie sich
in die Arbeit und schaffte es so, ihrer Tochter Annamaria den Besuch
eines Mädcheninternats nahe München zu ermöglichen.
Conrad Johannes Marx: 32 Jahre, Fotojournalist der Münchner Neusten
Nachrichten. Diente im Krieg an der Westfront, und traf Gottfried sowie
Hans Wieland dort im Lazarett. Conrad ist ein moderner junger Mann, der
bisher keinerlei Erfahrungen mit dem Mythos gemacht hatte.
Setting: Das Abenteuer begann am 20. August 1928. Knapp 4 ½ Jahre nachdem „Der Gaukler von Jusa“ endete.
Musik:
Erdenstern – Into the Green (für die Wanderungen im Wald)
Erdenstern – Into the Dark
Musica Chtulhiana – The Forth
Isaac Shepard - Swept Away (für den Besuch in Reichenbach)
Ablauf
Treffen der Charaktere & Fahrt zum Hof:
Die Charaktere trafen sich im 2. Klasse Abteil im Zug nach Freiburg.
Lieselotte (jetzt ja Witwe) fand Conrad auf Anhieb sympathisch. Außerdem
stellte sich heraus, dass Lieselotte ein großer Fan von Wieland's Buch
„Die Liebe meines Lebens“ war; Gottfried zwar maßgeblich daran beteiligt
war, Wieland zum schreiben zu bringen, dessen Bücher aber nur aus den
begeisterten Erzählungen der Schwester kannte; und Conrad lediglich Rezensionen über Wielands Bücher gelesen hatte.
Der Zug kam mit etwas Verspätung am Bahnhof in Freiburg an. Hans
erwartete die Charaktere natürlich nicht. Allerdings beschloss man
dennoch erst einmal eine Zigarette zu rauchen und abzuwarten – evtl hatte Hans
ja auch nur Verspätung.
So kam es, dass die Gruppe erst gegen 19 Uhr einen Taxifahrer dazu
überredete, sie zum Hof zu fahren. Eine Wegbeschreibung hatten sie
schließlich, und in der Gruppe machten sich erste Sorgen um Hans breit.
Auf dem Weg zum Hof bemerkte Gottfried zwar das Wegkreuz, beachtete es aber nicht weiter, da er durch das kontinuierlichen Flirten von
seiner Schwester und Conrad abgelenkt wurde. :-)
Gegen 11 Uhr abends erreichte die Gruppe dann endlich den Schwarzwaldhof.
Die erste Nacht im Schwarzwaldhof:
Einmal angekommen lief alles so ab wie im Abenteuer vorgesehen.
Bei der Verteilung der Zimmer legte Lieselotte allerdings großen Wert
darauf eines zu nehmen, in dem sich kein Spiegel befand (ein
Überbleibsel aus dem „Gaukler“-Abenteuer).
Beim Abendessen verwunderte es keinen, dass Hans kurz angebunden war.
Immerhin war er augenscheinlich krank, und es ging bereits auf
Mitternacht zu als man sich todmüde zu Bett begab.
Aber schon in der folgenden ersten Nacht zeigte sich, dass meine Gruppe
dem Idealablauf des Abenteuers wohl nicht folgen würde...
Alle gingen auf Grund der Hitze bei geöffneten Balkontüren schlafen und
daher bemerkten auch alle die Wildschweine. Gottfried war sogar noch
wach, da er „noch etwas in der Bibel schmökerte“. Lieselotte sah auch
den Lichtpunkt am Waldrand und erkannte ihn richtig als brennende
Zigarette - woraufhin sie die Balkontür schloss, und sicherheitshalber
alle Fensterläden auch. Dann verkroch sie sich ins Bett und betete, dass
niemand einsteigen würde.
Gottfried und Conrad nahmen die Wildschweine zur Kenntnis, gingen dann aber auch einfach wieder ins Bett.
Später in der Nacht wurde Conrad noch einmal durch lautes Klappern in
der Küche geweckt, da das von ihm gewählte Zimmer direkt über der Küche
lag. Ich wollte der Spielerin die Chance geben, doch noch den irren
Hans-Klon kennenzulernen – aber: Nichts. Conrad grummelte, drehte sich
um und schlief entschlossen weiter...
Der nächste Morgen:
Während Conrad zuerst einmal seine morgendliche Zigarette auf dem Balkon
rauchte, dabei den Horch entdeckte und die durchwühlte Wiese bestaunte,
führte Gottfried's erster Gang zum Klohäuschen. Auf kurze Nachfrage
bestätigte der Spieler, dass Gottfried mindestens 20 Minuten dort
beschäftigt sei – ich nutzte also diese erste glorreiche Gelegenheit um
den Priester noch auf dem Klo gegen seinen Klon auszutauschen.
Währenddessen holte Conrad Wasser aus der Küche, machte sich frisch,
durchsuchte die Vorratskammer, fand den kläglichen Rest Kaffee und
beschloss, dass ein Einkauf in Reichenbach dringend Not tat.
Endlich wachte auch Lieselotte auf. Auch ihr erster Weg führte auf den
Balkon. Sie bemerkte die durchwühlte Wiese und ging hinab um sich die
Sache näher anzusehen. Sie trommelte kurz an die noch immer
verschlossene Klohäuschentür und begab sich dann auf die Suche nach
Spuren an der Stelle wo sie in der Nacht zuvor die Zigarette glühen sah.
Tatsächlich fand sie dort auch einen zertretenen Stummel.
Der neu geklonte Gottfried (nennen wir ihn ab hier: „Klon-Gottfried“)
kam kurz dazu, ging dann aber rasch wieder ins Haus um den Rest seiner
Morgentoilette zu erledigen. Er übernahm in der Folge auch das Frisieren
seiner Schwester, da sich Lieselotte strikt weigerte in einen
Spiegel zu schauen...
Zum eigentlichen Frühstück kam dann auch Hans dazu. Seine Blässe viel
erneut auf, und die Gruppe begann sich ernstlich Sorgen um den Freund zu
machen. Insbesondere Halstuch und dicker Pullover deuteten für sie auf
eine verschleppte Erkältung hin. Lieselotte schlug ihm prompt einige
„großartig wirkende“ Mittelchen vor, und auch Klon-Gottfried hielt mit
altklugen Tipps nicht hinterm Berge (mehr Sport treiben, mehr an die
frische Luft gehen, etc...). Im folgenden verwickelte Lieselotte Hans
in ein Gespräch über seinen letzten Roman (ihr Lieblingsbuch), das so
weit führte, dass sie ihr eigenes Exemplar herausholte und ihn um ein
Autogramm bat. Während dieses Gesprächs bemerkten Conrad und
Klon-Gottfried erste Erinnerungslücken bei Hans. Conrad schob dies auf
die offensichtliche Krankheit von Hans. Klon-Gottfried brachte das
Gespräch aber auf die Zeit im Lazarett und bemerkte auch hier
Erinnerungslücken bei Hans.
Nach dem frühen Frühstück beschloss die Gruppe zunächst einmal zum Einkaufen nach
Reichenbach zu gehen. Eine Wegbeschreibung von Hans war
schnell eingeholt. Dann begab sich Klon-Gottfried noch einmal in sein
Zimmer um seine Wanderausrüstung anzulegen: Wanderhose, festes
Schuhwerk, der extra mitgebrachte Wanderstab... Gottfried erwies sich
hier als eingefleischter Wanderer. Währenddessen schmierte Lieselotte
ein paar Butterbrote für unterwegs und Conrad versuchte verzweifelt Hans
zum mitkommen zu bewegen: „Aber etwas frische Luft wird dir bestimmt
gut tun.“ -“Ich muss heute noch unbedingt den Vorentwurf für Kapitel
drei fertig bekommen.“ - „Aber morgen dann?!“ - „Naja... vielleicht...“
Die Wanderung im Wald machte allen viel Spaß – so viel Spaß, dass sie
auf nichts anderes achteten als auf die Bäume: sie bemerkten weder die
Hirsche, noch den schleichenden Förster, noch den irren Klon von Hans. Mit
drei völlig verpatzten Proben sahen sie nicht einmal irgendwelche
Tiere...
Die wirkliche erste Aufregung kam demnach als sie auf den Steinbruch stießen.
Conrad und Klon-Gottfried gingen vor und baten Lieselotte etwas zurück
zu bleiben – was diese natürlich nicht tat (weshalb ich die
Chance auf eine Entführung leider nicht nutzen konnte ohne die anderen
Beiden extrem misstrauisch zu machen). Die Herren versuchten dennoch
verzweifelt den Anschein von Normalität ihr gegenüber zu wahren:
Lieselotte: „Was ist denn da unten?"
Klon-Gottfried: "Nichts beunruhigendes, Lieselotte!"
Obwohl sich Conrad den Haufen Kadaver näher anschaute, bemerkte er die
Höhle nicht. Gottfried musste währenddessen auf den Schreck erst einmal
eine Zigarre rauchen – vorsichtig, mit einem Taschenaschenbecher, damit
er keinen Waldbrand auslöste...
In Reichenbach:
Gegen Mittag erreichten die Wanderer dann Reichenbach, und beschlossen
als erstes im Gasthaus einzukehren – ohne dass ich in der Hinsicht
irgendwelche Andeutungen hätte machen müssen.
Dort bestellte man zunächst Essen (mit Knödeln statt mit
Kartoffelsalat), und lernte anschließend den Priester Zeisig und den
Tierarzt Zeifle kennen, die ebenfalls zu Mittag aßen. Conrad sprach
Zeifle sofort auf die Tierkadaver im Steinbruch an, und der Tierarzt
erklärte sich auch sofort bereit sich die Sache später anzuschauen. Im
Gespräch mit den Beiden erfuhren die Charaktere ihre ersten
Hintergrund-Informationen über den Hof, das Kloster, und die
Weinheimers.
Conrad verabredete sich mit dem Arzt, und dann begab man sich erst
einmal einkaufen. Bei der Gelegenheit sprachen sie auch mit allen
anderen Kontakten in Reichenbach, und hatten so relativ schnell alle
erhaltbaren Informationen bekommen.
Eine besonders schöne Szene ergab sich im Kramladen, als Lieselotte
erfuhr dass er von einer Witwe geleitet wurde: Da sie ja wusste, dass
man es als Witwe nicht leicht hat, beschloss sie etwas zu helfen und den
Umsatz zu steigern. Sie kratzte ihr letztes Geld zusammen und kaufte
dafür einen Schokoriegel.
Dann beschloss die Gruppe sich aufzuteilen: während Conrad mit dem Arzt
zum Steinbruch zurück gehen würde, wollten die anderen Beiden sich und
die Einkäufe lieber zum Hof zurück fahren lassen. Tatsächlich fanden sie
relativ schnell einen Bauern, der sie mit dem Fuhrwerk ein Stück des
Weges mitnahm. Das letzte Stückchen mussten sie zwar immer noch laufen,
aber dies bot ihnen die Gelegenheit sich das Wegkreuz genauer
anzuschauen. Tatsächlich sprachen auch beide Charaktere Latein, so dass
sie die Inschrift ohne Probleme entschlüsselten.
Währenddessen begab sich Conrad mit dem Tierarzt zum Steinbruch, wo der
Arzt die Todesursache relativ schnell feststellte. Bei der Gelegenheit
entdeckte Conrad dann auch die Höhle, ging aber – mangels Laterne –
nicht hinein. Statt dessen machte er noch einen Termin mit dem Arzt ab,
der am nächsten Nachmittag zum Schwarzwaldhof kommen wollte, um sich
Hans einmal anzuschauen. So weit sollte es dann aber gar nicht mehr
kommen.
Nachdem er sich verabschiedet hatte, machte sich Conrad alleine auf den
Weg durch den Wald – eine ideale Gelegenheit, die ich nutzte um auch ihn
gegen seinen Klon auszutauschen!
Zurück beim Schwarzwaldhof:
Klon-Gottfried und Lieselotte hatten währenddessen den Hof noch
bei Tageslicht erreicht, da sie durch die Droschke viel Zeit gespart
hatten. So wurden sie Zeugen der Invasion von Kaninchen. Neugierig
geworden untersuchten sie die Wiese genauer und fanden
tatsächlich dünne graue Fäden, die die Erde durchzogen. Ein Wurf auf
Biologie ließ Lieselotte dann auch auf irgendeine Art von Pilz tippen.
Sie brachten die Einkäufe ins Haus und gingen dann ihren Geschäften nach, ohne auch nur einmal nach Hans zu schauen...
Lieselotte schaute die im Haus liegenden Bücher durch, fand auch ein
Buch über einheimische Pflanzen, allerdings keinerlei Hinweise auf den
„Pilz“. Währenddessen fand Klon-Gottfried den bebilderten „Moby Dick“
und begann – an seine Jugendzeit erinnert – eine begeisterte Lektüre.
Lieselotte aber, inzwischen übermäßig nervös, lies ihm keine Ruhe und zog ihn
in ihre Suche nach dem Keller mit hinein. Paranoid wie sie war, hinterließ
sie für Conrad einen Zettel: „Sind im Keller“, bevor beide Charaktere
hinabstiegen.
Im Keller fand Klon-Gottfried dann auch die graue Substanz, nachdem er
sich zunächst am Wein gütlich getan hatte. Er prökelte etwas mit einem
Kuhfuß aus der Werkstatt darin herum, kam aber nicht wirklich gut heran.
Währenddessen fand Lieselotte im anderen Raum die lose Bodenplatte, und
da man ja nun schon mal da war, wollte Klon-Gottfried die auch gleich
mal aufstemmen – gegen die immer stärker werdenden Ängste der Schwester.
An dieser Stelle wurde es für mich etwas eng. Sollten sie
tatsächlich hinabsteigen, müsste ich den ersten finalen Showdown zünden,
und ich hätte Conrad schon gerne dabei gehabt. Auch hatten die
Charaktere weder den verkrüppelten Klon, noch den irren Hans oder den
Förster getroffen...
Erstes Problem ließ sich relativ einfach lösen: Ich bestimmte, dass
Klon-Conrad inzwischen den Hof wieder erreicht hatte und spielte kurz
mit der entsprechenden Spielerin weiter – was die anderen Beiden auch
nicht übel nahmen, schließlich hatte die Spielerin geraume Zeit
ausgesetzt. Klon-Conrad bemerkte die Rehe, und auch er untersuchte
daraufhin den Boden und fand die graue Substanz darin. Er ging ins haus,
fand den Zettel von Lieselotte und machte sich direkt auf in den Keller.
Gerade als er die Falltür fand, dröhnte ein lautes Krachen herauf (die
umgefallene Steinplatte, die Gottfried aufgehebelt hatte). Klon-Conrad
stürmte hinunter. Die Gruppe traf sich im Raum mit der Steinplatte und
leuchtete in das freigelegte Loch hinab.
Hier kam es jetzt zur ersten großen Diskussion darüber, was zu tun sei.
Lieselotte weigerte sich schlicht hinabzuklettern, und auch
Klon-Gottfried fühlte, dass würde zu weit gehen. Klon-Conrad hingegen
wollte unbedingt schauen wohin der Gang führte. Ich saß wie auf heißen
Kohlen. Schließlich holte Klon-Conrad noch eine zweite Laterne von oben,
nahm bei der Gelegenheit auch seine Kamera mit („Vielleicht gibt es da
unten was, das eine Story wert ist!“) und holte auch noch seinen
Revolver aus dem Koffer... Dann ging er entschlossen zurück in den
Keller und machte sich auf, in das Loch zu klettern.
An dieser Stelle war klar, dass ich den „Endkampf“ doch auslösen musste.
Ich wartete also, bis Klon-Conrad im unterirdischen Gang verschwunden
war. Dann tauchten Hans und Hr. Karl auf (letzterer mit einem Gewehr
bewaffnet) und schnitten Lieselotte und Klon-Gottfried den Weg aus dem
Keller heraus ab. Karl griff Klon-Gottfried mit dem Gewehrkolben an
während sich Hans auf Lieselotte warf, sie zu Boden riss und versuchte,
sie in das Loch Richtung Samen zu zerren. Es kam zu einer lauten
Rangelei, die Klon-Conrad unten im Gang zwar hören konnte, in die er
aber nicht eingreifen konnte. Statt dessen konfrontierte ich ihn mit dem
irren Hans-Klon, den Klon-Conrad im Halbdunkel des Gangs zunächst nur
als zotteliges, kreischendes Wesen wahrnahm. Während Karl und
Klon-Gottfried weiter rangen, erschoss Klon-Conrad den irren Hans-Klon, und
Hans zerrte Lieselotte durch das Loch im Boden. Beide fielen hinter
Klon-Conrad zu Boden, der herumwirbelte und das Feuer auf Hans
eröffnete. Klon-Gottfried schaffte es den Gewehrkolben von Hr. Karl zu
fangen, als dieser nach ihm schlug. Beherzt zog er den Abzug und jagte
dem Förster eine Ladung Schrot in den Bauch.
Es kehrte Totenstille ein.
Nach dem ersten Finalkampf:
An dieser Stelle waren meine Spieler überrascht (war das jetzt schon der
Endkampf?). Sie gingen dann aber, wie sonst auch, an das Aufräumen nach
dem Finale – bzw. „Was tun wir jetzt mit den Leichen?“
Sie zerrten den irren Hans und Hans selber zurück hoch in den Keller,
legten die Steinplatte wieder auf den Durchgang und stellten zur
Sicherheit ein paar schwere Dinge drauf. Dann untersuchten sie die drei
Klone; Hans lebte tatsächlich noch. Lieselotte verband notdürftig
seine Schusswunde, und bemerkte dabei das graue Fleisch und die fehlende
Narbe am Hals. Auch das heraus laufende Blut war gräulich und
dickflüssiger, als es hätte sein sollen... Ihr wurde extrem mulmig, und
sie stach sich selber mit einer Nadel in den Finger, um ihr eigenes Blut
anzuschauen – aber nein, sie blutete perfekt in rot (warum auch nicht,
sie war ja nicht geklont worden). Dann untersuchten sie den irren Hans
und erkannten in ihm auch tatsächlich Hans – eine Suche nach der
Halsnarbe blieb aber auch hier erfolglos. Jetzt machte sich Sorge um den
echten Hans breit, und die Spieler fühlten, sie müssten ihn noch finden.
Also fesselten sie die drei Klone im Keller (auch die Toten!) und
stiegen zurück hoch in den Hof. Sie blockierten die Kellertür und
machten sich auf den Weg zu Hans' Zimmer.
Bei der folgenden Durchsuchung fanden sie dann den Krüppelklon unter dem
Bett. Lieselotte, schwankend zwischen Mitleid und Entsetzen, lockte
ihn heraus. Geschickt schaffte es der Krüppelklon, Lieselotte (die einzige
noch nicht geklonte) zur Zimmertür hinaus zu steuern, wo er sie dann
ansprang und die Treppe hinab zerrte (Richtung Samen). Die beiden Männer
standen zunächst starr vor Schreck, folgten dann und schafften es den Klon zu
erschießen, bevor er mit Lieselotte das Haus verlassen konnte.
Da Hans bereits tot war, konnte den SCs niemand die Geschichte vom
Kriegsversehrten Zwillingsbruder erzählen, und ich wollte nicht, dass
die SCs sich mit dem verängstigten Krüppelklon belasteten. Daher ließ
ich ihn aggressiver agieren, als im Abenteuer vorgesehen.
Die Szene erfüllte auch so noch den Zweck, dass es den Charakteren nun
ehrlich unheimlich wurde, und sie in jedem Zimmer und in jedem Schrank
weitere „Hänse“ erwarteten. So durchsuchten sie das gesamte Haus
(einschließlich verstaubtem Dachboden), versammelten sich dann, mit
Schusswaffen und Messern bewaffnet, in der Küche und warteten auf den
Sonnenaufgang.
Der nächste Morgen (Tag 2):
Zwar waren am Morgen wieder die Kaninchen da, aber die SCs wollten sich
dennoch den Wagen von Hans anschauen. Da die Kaninchen keine Anstalten
machten die Klone unter den SCs anzugreifen, untersuchten die Charaktere
den Wagen. Dank misslungener Proben auf mechanische Reparaturen, konnten
sie ihn nicht in Gang setzten, und beschlossen statt dessen über
den Waldweg direkt nach Reichenbach zu laufen. Am Steinbruch machten sie
einen Abstecher zum Forsthaus (in der Hoffnung, Hans dort
eingesperrt zu finden), das sie aber leer vorfanden. Sie nahmen noch die
beiden Gewehre und extra Munition mit, und machten sich wieder auf den
Weg.
Wieder am Steinbruch, konnte Klon-Conrad seine Neugier nicht mehr
zurückhalten und wollte unbedingt noch eben in die Höhle schauen.
Widerwillig folgten ihm die anderen beiden hinein – die Waffen im
Anschlag.
In der Höhle des Samens:
Und so kamen sie dann doch noch zum Samen des Engels und der echte
Showdown konnte beginnen. Klon-Conrad blieb zunächst weit weg vom Samen
stehen – aus Angst vor Pilzsporen in der Luft. Klon-Gottfried aber sah das alte Buch und driftete sofort dorthin. Lieselotte, die
sich an seinen Arm klammerte, folgte notgedrungen, und auch Klon-Conrad
linste neugierig über Klon-Gottfrieds Schulter.
Während die Männer mit dem Buch beschäftigt waren, sah sich Lieselotte
genauer um und entdeckte ihren eigenen Bruder im dem Gallertesack des
Samens!
Danach ging es Schlag auf Schlag:
Die Männer wurden ebenfalls aufmerksam, und während Klon-Gottfried
schlicht verleugnete, dass das da drin er war, verpatzte
Conrad's Spielerin ihre Stabilitätsprobe und Klon-Conrad verfiel dem
Wahnsinn und seinen Halluzinationen. Plötzlich sah er den Pilz über
alles wachsen, auch seine Gefährten. Und so begann er in Panik wild um
sich zu schießen. Klon-Gottfried ging hinter dem Pult in Deckung,
Lieselotte war weniger glücklich. Eine Kugel traf sie schmerzhaft am
Bein, und sie ging zu Boden. Als seien Waffe leer geschossen war, schlug Klon-Conrad weiter wild um sich, bis
ihn Klon-Gottfried vorerst erlöste und ihn von hinten k.o. schlug.
Dann wurde zunächst Lieselotte's Bein verbunden, bevor man sich wieder dem Samen widmete.
Klon-Gottfried untersuchte den Sack mit den Charakteren darin sehr
ausgiebig – er wollte unbedingt beweisen, dass er selber der echte
Gottfried war, war aber auch zu ängstlich, um den Sack aufzuschneiden
und nachzuschauen. Lieselotte beobachtete ihren „Bruder“ währenddessen
stillschweigend und ihr Misstrauen wuchs stetig. Schließlich
untersuchte Klon-Gottfried den noch immer bewusstlosen Klon-Conrad, fand
aber natürlich keine Schulternarbe bei ihm.
In diesem Moment äußerte sich Conrads-Spielerin mit einem denkwürdigen Satz: „Erschieß mich.“
Klon-Gottfried beschloss dann doch, den Sack aufzuschneiden, legte aber
vorher die gesammelten Gewehre in Griffweite. Dann holte er Hans und
Conrad aus dem Sack heraus, beließ sein eigenes Original aber
wohlweislich darin.
Ich hatte bisher von der Rückkehr der Erinnerungen abgesehen, da sich
mir bei den überschlagenden Ereignissen kaum Gelegenheit gab, etwas
einzuwerfen, und Klon-Gottfried seine verleugnende Haltung beeindruckend
gut ausspielte. Dennoch wurde es jetzt höchste Zeit.
Während also Lieselotte Conrad beatmete wachte Klon-Conrad aus der
Bewusstlosigkeit auf. Er sah sein eigenes Original klar vor sich und
damit kehrte dann seine Erinnerung zurück. Mit dem eigenen Schicksal
konfrontiert, sprang er auf, stürzte sich auf eines der Gewehre und
schoss sich selbst das Gesicht weg!
Der Schock bei den Anderen saß tief, und erlaubte Klon-Gottfried durch
seine Verleugnung zu brechen. So kehrte auch seine Erinnerung zurück.
Die Tatsache, dass er vom Klo entführt worden war, führte noch später zu
einigen lauten Lachern.
Klon-Conrad's Tod riss aber auch Lieselotte aus ihrer Starre und mit
einem „Möge Gott meiner Seele gnädig sein“, legte sie an und schoss dem Klon ihres Bruders zwei Ladungen Schrot in den Körper.
Dann schleppte sie mit letzte Kraft Conrad, Gottfried und das Buch aus
der Höhle, setzte sich im Steinbruch hin und weinte, bis die beiden
Anderen schließlich aufwachten.
Nachwehen:
Die beiden Männer gingen dann noch einmal zurück in die Höhle, sahen
ihre eigenen Leichen dort liegen und brannten alles nieder. Um dem
Ganzen ein passendes dramatisches Ende zu geben, ließ ich auch den Hof in
Flammen aufgehen.
Während sie dem Brand zuschauten, berichtete Lieselotte den beiden Männern von
allem, was sie verpasst hatten (in Gottfrieds Fall die gesamte
Geschichte).
Dann machten sie sich auf den Weg nach Reichenbach – Lieselottes Bein musste dringend von einem Arzt angeschaut werden.
Tatsächlich hatten sie Glück, und der Arzt war noch nicht zum Hof
aufgebrochen. Die Gruppe erzählte dann im Ort, Hans hätte auf Lieselotte
geschossen (Hans und Conrad's Revolver war in der Höhle zurückgeblieben). Im
Gerangel sei dann eine Lampe umgefallen, und hätte den Hof in Brand
gesteckt. Eine durchaus glaubhafte Geschichte.
Die SCs mieteten sich noch für eine Nacht in dem Fremdenzimmern des
Gasthofs ein, besorgten sich billige Ersatzklamotten im Kramladen und
reisten dann am nächsten Morgen so schnell wie möglich ab.
Den Entzug habe ich dann nur noch am Rande erwähnt, als etwas, dass noch
folgt, aber für das Abenteuer selber hatte er keinerlei Auswirkungen
mehr.
Ganz zum Schluss, beschloss Gottfried noch, das Buch an den Vatikan zu
liefern. Obwohl die anderen Beiden es am liebsten verbrennen wollten,
konnte sich der Priester dazu doch nicht durchringen.
Abschließende Bemerkungen:
Da meine Spieler sehr schnell sehr vorsichtig reagieren, habe ich darauf
verzichtet, Hans mit dem Kugelbauch auszustatten. Im Nachhinein, hätte
es aber wahrscheinlich kaum etwas am Ablauf der Geschichte geändert.
Das gräuliche Blut war improvisiert. Da meine Spieler direkt wissen
wollten, welche Farbe denn das Blut hätte, und ob es irgendwie seltsam
riecht, beschloss ich kurzerhand, dass es gräulich, etwas dickflüssig
ist und leicht pilzig riecht. Es machte für mich wenig Sinn, warum das
Fleisch grau sein, aber das Blut rot sein sollte...
Die Tatsache, dass die Charaktere auf die Werte vom Zeitpunkt ihrer
Entführung zurück gesetzt wurden, kam bei den beiden betroffenen
Spielern gut an (insbesondere die dadurch zurück gewonnen
Stabilitätspunkte waren ein echtes Plus). In der Folge hatte also nur
Lieselotte das Abenteuer komplett durchlebt, was sich auch in ihrer
geistigen Gesundheit niederschlug.
Alles in Allem war ich überrascht wie wenig meiner Gruppe dem
Idealablauf folgte. Dennoch hatten alle sehr viel Spaß mit dem
Abenteuer. Insbesondere der Effekt, selber das „Monster“ zu sein, war
ihnen allen neu und kam daher sehr gut an.
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