Donnerstag, 7. Juni 2012

[Spielbericht] Der Gaukler von Jusa

Bereits vor einiegr Zeit leitete ich das Szenario "Der Gaukler von Jusa" aus dem Cthulhu Spielleiterhandbuchfür ein paar Freunde. So viel sei schon vorweg genommen:  Es lief sehr gut.

Es folgt ein (sehr) ausführlicher Spielbericht über den Ablauf des Szenarios in meiner Gruppe. Vielleicht kann ja der Eine oder Andere hilfreiche Tipps daraus ziehen...





Spieler: 2 (Beide sind rollenspielerfahren, allerdings noch neu bei Cthulhu) Beide Spieler kamen über Lovecrafts Geschichten zum Call of Cthulhu Rollenspiel.

Dauer: etwa 5 Stunden

Charaktere:

Lieselotte Bosler (geb. Krämer) – die Frau des Apothekers. Ihr Mann Wilhelm kam als mentales Wrack aus dem Großen Krieg zurück und ist gewalttätig, Alkohol- und Morphiumabhängig. Sie schmeißt die Apotheke also allein. Sie hat eine neunjährige Tochter (Anna-Maria) und eine heimliche Liebschaft mit Otilie von Kammenberg (freischaffende Spiritistin). Außerdem ist sie sehr Okkultismus gläubig, was zu manchen Streitereien mit ihrem Bruder führt.

Gottfried Krämer – katholischer Priester. Lehrt am Tübinger Priesterseminar. Lebt in einem Haus am Rande der Stadt und hat auch nach der Inflation noch das Geld, sich zwei Angestellte (Haushälterin Rosa und deren Mann Friedhelm) zu leisten. Er ist fast 10 Jahre älter als seine Schwester Lieselotte. Reicher Onkel für Anna-Maria.

Anmerkung zu Anna-Maria: Das Mädchen wurde als NSC mit durch das Abenteuer geführt, was sich aber als unproblematisch erwies. Als Kind der Zwanziger war sie die meiste Zeit irgendwo draußen unterwegs zum Spielen. Die im Abenteuer zunehmende Angst der Mutter um ihre Tochter hingegen war eine echte Bereicherung.

Setting: Wir spielten in Tübingen des Jahres 1924. Damit lag die Inflation hinter den SCs, die Zwanziger waren aber noch genügend jung um auf die Spieler exotisch zu wirken.

Musik: Ich stellte vorher jeweils kurze Playlists zusammen, die den im Abenteuer angegebenen Stimmungen entsprachen. Mit dabei waren Songs von Musika Cthulhiana, Nox Arcana, Erdenstern, Isaac Sheppard, und dem Soundtrack von „Stadt der verlorenen Kinder“.



Ablauf

Tag 1: Der Jahrmarkt und der Alte Mann

Wir begannen das Szenario mit Mutter, Tochter und Onkel auf den Weg zum Jahrmarkt. Alle trugen ihre besten Kleider, um beim Jahrmarktsfotografen Bilder machen zu lassen. Sobald sie das Festgelände betraten, drohte das Mädchen natürlich sich ins Gedränge zu stürzen, woraufhin sie zunächst auf die Schultern des Onkels gesetzt wurde, und man sich schleunigst direkt nach dem Fotografen umsah. Die Fotos wurden dann auch mit Glück etwas.

Woraufhin Gottfried seine Familie noch auf eine rasante Fahrt im Kettenkarussell einlud. Dann gab man Anna-Maria ein paar Pfennige in die Hand und ließ sie mit ihren Freunden abziehen. Die SCs hingegen nutzten die Angebote des Jahrmarktes – und die Spieler nutzten diese Chance wie beabsichtigt um mit verschiedenen Probewürfen das Cthulhu-System kennenzulernen. Dieser erste Teil auf dem Jahrmarkt wurde ausgiebigst ausgespielt. Lieselotte gewann sogar ein neues knallrotes Fahrrad als Hauptpreis beim Lose ziehen, und fuhr damit zwischendurch nach Hause weil sie sich nicht traute es einfach an der Festwiese stehen zu lassen. Das Spiegelkabinett hob man sich bis zuletzt auf, und war ehrlich schockiert über die grausame Geschichte, die der Leierkastenmann den Kindern erzählte. Nachdem man aber Anna-Maria nicht bei den Kindern entdeckte, atmeten Beide auf und gingen in das Spiegelkabinett hinein. Dort begann schnell das Gruseln vor den Spiegeln, was die Charaktere aber auf die doch recht fortgeschrittene Zeit und den konsumierten Alkohol schoben. Die antike Bronzescheibe wurde von Gottfried als mesopotamischer Spiegel erkannt und man staunte ausgiebigst über sie. Dann ging es schnell wieder hinaus.

Draußen lief der zweite Teil des Jahrmarktes dann ab wie geplant. Als das Kettenkarussell sich immer schneller drehte und Panik aufkam, suchten beide zunehmend selber panisch nach Anna-Maria. Schließlich gelang es ihrem Onkel sie zu erreichen und an den Rand des Geschehens zu ziehen, was Liese-Lotte erleichtert zur Kenntnis nahm – bevor dann direkt neben ihr die Gondel einschlug und das kleine Mädchen traf, dessen Kleid so schrecklich dem ihrer eigenen Tochter glich.

In der folgenden Panik verlor dann Lieselotte erstmal völlig die Beherrschung, schrie verzweifelt nach ihrer Tochter und schlug wahllos auf alles in ihrer Umgebung ein – auch auf den SchuPo der versuchte, sie aus dem Gedränge herauszutragen. Dieser Zusammenbruch war umso „echter“ als dass die Spielerin bei der Charaktererschaffung den Verlust der Tochter als schlimmsten Alptraum des Charakters festgelegt hatte. So brauchte es dann auch Anna-Maria selber, um Lieselotte einigermaßen wieder zu beruhigen.

Nach fast einer Stunde machten sich die SCs dann auch niedergeschlagen auf den Weg zurück nach Hause. Unterwegs trafen sie – wie vorgesehen – den betrunkenen Hans Steible. Gottfried half dem alten Mann auch, obwohl Liselotte dagegen argumentierte und einfach nur noch mit ihrer Tochter nach Hause wollte. Gottfried’s Priesterseele setzte sich aber durch, und so brachte er Herrn Steible sogar noch bis in dessen Bett. Steible drückte ihm die Aktentasche in die Hand und es kam zu einem kurzen Gerangel, da Gottfried die nicht einfach so annehmen wollte. Nach einigem Hin und Her musste er sich dem stärkeren Hans Steible aber geschlagen geben und nahm die Tasche mit – entschlossen sie am nächsten Morgen gleich zurück zu bringen.

Ich wollte gerne, dass die Beiden schon vorher in die Tasche hineinschauen, daher ließ ich in die Beschreibung einfließen, die Tasche sei ungewöhnlich schwer (der Webley!) und würde auch leise metallisch klingeln, wenn man sie leicht schüttelt (die Patronen!). Tatsächlich machte dies sogar Gottfried neugierig („Eigentlich sollte ich ja nicht reinschauen, aber neugierig ist man ja schon.“).

Gottfried begleitete Lieselotte und Anna-Maria zu deren Wohnung (über der Apotheke). Dort brachte Lieselotte ihre Tochter zu Bett (in das Elternschlafzimmer!) und setzte sich dazu. Sie war noch immer sehr geschockt, und wollte ihre Tochter nicht aus den Augen lassen. Neugierig nutzten die Beiden SCs die Chance um die Aktentasche zu untersuchen. Als dann Liesls Ehemann betrunken die Treppe hochtorkelt, verabschiedet sich Gottfried und nimmt die Aktentasche mit zu sich nach Hause.


Tag 2: Ermittlungen

Vormittags erfahren beide SCs die Identität des Opfers (Magdalena Krämer). Ich wählte den Namen gezielt, um den Druck auf Lieselotte noch ein wenig zu erhöhen, was auch funktionierte. Über den Tag hinweg wuchs ihr Bedürfnis, die Tochter ständig im Auge behalten zu wollen stetig an. So nahm sie Anna das Versprechen ab, nicht mehr zur Festwiese zu gehen, und ließ auch deren Freunde schwören. Da sie den Kindern aber (zu Recht) nicht traute, machte sie sich mit ihrem neuen roten Fahrrad auf den Weg, die Nachbarn entsprechend vorzuwarnen – sie sollten die Kinder zurückschicken, wenn sie sie Richtung Jahrmarkt gehen sehen. Derart unterwegs traf sie dann gegen 11 Uhr auf Gottfried, der mit der Aktentasche auf dem Weg zu Hans Steible war. Kurzentschlossen begleitete sie ihn zum Gasthof. Nachdem niemand auf ihr Klopfen reagierte, ging Lieselotte Frau Klump holen. Gottfried schaute währenddessen durch’s Schlüsselloch, sah die roten Flecken und bestand daher darauf als erster das Zimmer zu betreten. So blieb den bedien Damen ein klarer Anblick erspart. Dennoch fielen beide in Ohnmacht.

Nachdem Gottfried dann Liesl wieder aufwecken konnte, und sich diese um Frau Klump kümmerte, schwanger sich auf das neue rote Fahrrad und fuhr in halsbrecherischer Weise zur nächsten Polizeistation – Jackenzipfel wehend, Hut mit einer Hand auf den Kopf gepresst.

Er brauchte so auch nur wenige Minuten zur Polizei, stolperte durch die Tür und brabbelte aufgeregt von „Mord und Totschlag im Gasthof Klump“. Die SchuPo machte sich dann relativ schnell auf de Weg. Gottfried tupfte sich dann noch einmal ausgiebig die Stirn ab, schwang sich aufs Rad und fuhr ebenfalls zurück. Von den Ermittlungen der SchuPo bekamen die SCs wenig mit. Sie saßen zusammen mit Frau Klump in deren Küche, und beobachteten nur ab und an Polizisten hinein gehen und heraus kommen. Irgendwann wurden sie von einem Beamten befragt, und erzählten diesem natürlich auch von der Aktenmappe. Die nahm die Polizei natürlich mit.

Das dies nicht ganz so ideal war, fiel den Spielern zunächst gar nicht auf – sie waren halt doch noch Cthulhu-Anfänger. Also beschloss ich ihnen noch eine Chance zu geben.

Tatsächlich spielte mir da der Spieler von Gottfried in die Hände, der noch einmal zur Polizeiwache wollte um seine Aussage zum Kettenkarussell-Unglück zu machen (das hatte er ja immerhin versprochen). So gingen also beide SCs noch einmal zur Polizeistation und wurde dort noch einmal einzeln befragt. Während Gottfrieds Befragung bemerkte Liesl, einige SchuPos, die die Aktentasche untersuchten und auch den Revolver herauszogen. Sie konnte allerdings nicht hören, was besprochen wurde, und machte auch keine Anstalten sich einzumischen. Dann war Gottfried an der Reihe, dessen Spieler jetzt bemerkt hatte, dass sie die Tasche doch zurück haben müssten (alleine schon wegen dem Relief). Er schlenderte also zu den SchuPos hin, und begann ein Gespräch. Dabei erfuhr er, dass die SchuPo vermutete Hans Steible sei ein Anarchist oder vielleicht sogar ein Kommunist – immerhin besaß er eine illegale Schusswaffe. Gottfried überredete sie (und nutzte sein Ansehen als Priester) dazu, ihm das Tagebuch mit den lateinischen Eintragungen mitzugeben – aus reiner persönlicher Neugier natürlich. In einer unbeobachteten Sekunde steckte er dann (ganz cool) den gesamten Inhalt der Aktenmappe ein – mit Außnahme der Waffe und der Munition. Dann verließ er schnellstens die Polizeistation, seine Schwester hinter sich herziehend. Interessant ist auch, dass Gottfried Liesl zunächst nicht sagte, dass er die Dinge mitgenommen hat. Als katholischer Priester tat er sich doch recht schwer mit seinem Gewissen.

Für den Nachmittag verabredeten sich die SCs dann, die Ausstellung Schillingers zu besuchen (Gottfried, als sehr Traditionalist und heimatverbundene Person, wollte dort eh noch hin). Lieselotte nahm zu diesem „Ausflug“ auch Anna mit, die sich natürlich furchtbar langweilte. In der Ausstellung wurde dann auch die Skizze entdeckt. An diesem Punkt ahnte Liesl bereits die Wahrheit, nämlich, dass der Leierkastenmann ein und der selbe war, während Gottfried noch davon ausging Vater und Sohn, bzw Großvater und Enkel vor sich zu haben.

Bei dem nachfolgenden Gespräch (in einem richtig teuren Café am Rathaus) ließ man alles noch einmal Revue passieren.

Liesl ließ Anna danach bei ihrem Onkel (Gottfried) und fuhr weiter zu ihrer Freundin Otilie. Gottfrieds Unverständnis für ihre Sorgen ging ihr doch sehr an die Nerven. Otilie hingegen hörte sich alles genau an. Ich nutzte diese Möglichkeit (Otilie war als begeisterte Hobby-Spiritistin angelegt) einige Informationen an die Spielerin von Liesl weiterzugeben. So stellte auch Otilie die Verbindung zu „De Vermis Mysteriis“ her, und wusste von einem Spezialisten für mesopotamische Geschichte an der Universität („Bergmann oder so…“). Außerdem erhöhte ich noch einmal den Druck ein Wenig: Liesl bat Otilie darum für sie die Karten zu legen. Das Ergebnis war natürlich: „Vom Jahrmarkt geht eine große Gefahr aus, für dich und jeden der dir nahe steht“ (die gezogene Karte war außerdem „der Narr“).

Liesl war dadurch sehr geschockt, und machte sich auf den Weg zu Gottfried, wo es zum Streit kam. Sie wollte, dass er mehr Initiative zeigt, während er die vorhersage als „Unsinn“ abtat. Im Gespräch musste Gottfried dann aber zugeben, den Inhalt der Aktentasche von der SchuPo gestohlen zu haben:

Liesl: „Kannst du die Zeichnung [des Reliefs] nachzeichnen?“
Gottfried: „Lieselotte… ich habe die Zeichnung von der Polizei mitgenommen.“
Liesl: „Du hast was?!“


Auch Gottfried kannte Bergstätter, weigerte sich aber beharrlich ihn am Sonntag zu stören, obwohl Liesl gleich am nächsten Morgen hin wollte. So verblieb man im Streit und trennte sich.

Liesl war bereits genug in Panik (Sie schlief inzwischen im Zimmer ihrer Tochter!), so dass ich mir da wenig Sorgen machte. Gottfried aber nahm die Sache für meinen Geschmack noch zu wenig Ernst. Daher ließ ich ihn in dieser Nacht einen Spiegeltraum haben. Das funktionierte auch beeindruckend gut. Der Gaukler war schon fast komplett aus dem Spiegel herausgetreten, als Gottfried endlich bemerkte, dass Gebete hier wohl nichts nutzen und einen Stuhl schmiss.

Als er dann tatsächlich erwachte war es bereits 7 Uhr morgens – er hatte verschlafen! Draußen warteten Liesl und Anna auf ihn, aber Gottfried verschwendete keinen Gedanken an sie. Statt dessen bat er seinen Gärtner (Friedhelm) den Spiegel (bzw. seine Reste) vollends zu zerschlagen und aus dem Haus zu bringen. Liesl fand ihren Bruder schließlich, noch im Schlafrock und völlig zerzaust, wie er in seinem Schlafzimmer umherlief und in den ecke schnüffelte (um heraus zu finden, woher der vermodernde Geruch kam!).

Immerhin machte das Erlebnis auch Gottfried deutlich, dass die Zeit drängte. Und so machte man sich nach dem Frühstück auf zu Prof. Dr. Bergstätter – der nur drei Häuser weiter wohnte.

Dr. Bergstätter war natürlich selbst noch im Morgenmantel, seien Laune besserte sich aber merklich, sobald er das Relief zu Gesicht bekam. Er bat sich ein paar Stunden Zeit aus, und die SCs gingen während dessen zur Messe. Anschließend kehrten sie dann zu Bergstätter zurück (Anna wurde Gottfrieds Haushälterin mitgegeben), und erfuhren dort die im Abenteuer vorgesehenen Informationen. Zurück in Gottfrieds Haus erfuhren sie obendrein noch, dass der Jahrmarkt an diesem Tag noch einmal öffnen würde. Dies war nötig, da ich nicht auf „die Schlacht von Tübingen“ verzichten wollte.

Die SCs ergriffen diese Chance dann auch. Liesl nahm sich das Gewehr, das ihr Mann aus dem Krieg mitgebracht hatte, und das versteckt im Keller der Apotheke lag (es war tatsächlich schon bei der Charaktererschaffung erwähnt worden!), gab es an Gottfried weiter, und steckte sich außerdem noch diverse Gifte und Säuren ein, denen sie in der Apotheke Herr werden konnte. Ihr Mann Wilhelm bekam davon mal wieder nichts mit – er lag im Morphiumrausch hinter der Theke. Auch ein großes Fleischermesser wanderte noch in Liesls Tasche, bevor sie sich dann mit Gottfried auf den Weg zur Festwiese machte.
 

Tag 3: Das Ende

Auf der Festwiese kam es dann zur „Schlacht von Tübingen“ in deren Verlauf sich Gottfried wieder an den Rand zurückziehen konnte, während Liesl voll im Gerangel feststeckte. Auch diesmal verfiel sie in Panik und begann mit dem Messer wild um sich zu schlagen – so bahnte sie sich einen Weg hinaus. Als die SchuPo kam, verschwand das blutbesudelte Messer ganz schnell in einer Tasche und beide begannen damit, sich um Verletzte zu kümmern. Dann wurden auch sie von der Polizei der Festwiese verwiesen.Dennoch war beiden SCs klar, dass sie einige Stunden später zurück kommen würden.

Zuvor hinterließ Liesl aber zu Hause noch einige okkultistische Schutzzeichen.

Nach knapp vier Stunden schlichen sie sich zurück auf den Jahrmarkt. Wie vorgesehen wurden sie von den Geistern eingekesselt und verloren auch die maximal mögliche Anzahl an Stabilitätspunkten. Für Liesl wurde es an diesem Punkt eng. Sie wollte nichts anderes mehr, als den Gaukler besiegen. So rannte sie ihm dann auch zum Spiegelkabinett hinterher, und ließ sich nicht einmal von den Geistern davon abhalten. Kurzerhand sprang sie durch die Wand aus geisterhaften Erscheinungen hindurch. Gottfried folgte ihr in derselben spektakulären Weise. Beide erlitten einen TP Schaden aber die dünne Eisschicht auf ihren Körpern hielt sie nicht davon ab, das Spiegelkabinett zu stürmen.

Im Spiegelkabinett machte mir die rasende Paranoia einen kleinen Strich durch die Rechnung, da die SCs alle Spiegel auf dem Weg zum Zeltmittelpunkt kurzerhand zerschlugen. In der Mitte trafen sie dann mit dem Gaukler und dessen Spiegelbildern zusammen (die Spiegel auf der anderen Seite waren ja heil geblieben). Das war endgültig zu viel für Liesl, die daraufhin in eine zerstörerische Manie verfiel und sich mit einem Urschrei auf den Bronzespiegel stürzte. In rasendem Wahn hämmerte sie mit ihrem blutverkrusteten Messer darauf ein. Gottfried legte währenddessen auf den Gaukler an und schoss, was natürlich keine Reaktion hervorbrachte. Und gerade als sich die dürren Finger des Gauklers um seinen Hals legten, zersprang der Spiegel unter Liesls Schlägen.


Nachwehen:

Als Gottfried die Augen wieder aufschlug, war nichts in dem Zelt mehr heil, und Liesl lag laut kichernd neben ihm auf dem Boden. Er brauchte fast eine Stunde, um sie zu beruhigen, und dann taumelten beide zurück zu seinem Haus – ohne auch nur einen einzigen Gedanken an den Leierkasten oder die Reste des Bronzespiegels zu verschwenden. (Beides wurde dann von den anderen abergläubischen Schaustellern am nächsten Tag heimlich entsorgt.)

Gottfried ließ sich die folgende Woche im Priesterseminar entschuldigen und ertränkte seine Alpträume im Alkohol. Liesl verbrachte die Tage kichernd und schluchzend in einer Ecke des Bettes. Es brauchte viele Besuche des Arztes um sie dazu zu bringen wieder hinauszugehen – und dann führte ihr erste Weg nach Hause, wo sie jeden einzelnen Spiegel im Haus zerstörte.

Eine Woche später besuchte Gottfried noch einmal Prof. Burgstätter um die komplette Übersetzung der Steintafel zu hören. Hier gab ich dem Spieler einen groben Abriss der Ausgangsgeschichte (jungerer Zauberer, der seinem König imponieren will, beschwört zwei Gaukler. Aus der Vorgeschichte entnommen). Daraufhin sperrt Gottfried den Mappeninhalt in eine Schatulle, versteckt sie im Schrank und schmeißt den Schlüssel weg.

Sowohl er als auch Liesl waren sich bewusst, dass es irgendwo noch einen Gaukler geben muss…

Abschließende Bemerkungen:

Dies war das zweite Mal, dass ich den „Gaukler von Jusa“ geleitet habe. Es lief wieder sehr gut. Die Spieler wussten von vornherein, dass es sich um ein Einsteiger-Szenario handelt, und es dadurch auch recht einfach gehalten ist. Das tat dem Spaß aber keinen Abbruch.

Mit knapp 5 Stunden Spielzeit hat das Szenario diesmal wesentlich länger gedauert, was aber hauptsächlich daran lag, dass wir den ersten Teil auf dem Jahrmarkt ausgiebig ausgespielt haben. Die Spieler wollten tatsächlich alles einmal ausprobieren – und hatten ihren Spaß daran auf diese Art die Probenwürfe einzuüben. Gegen Mitte des Szenarios ging es dann auch schon so gut, dass ich kaum noch Erklärungen zu den Würfen machen musste. Dieses unaufdringliche „würfeln üben“ am Anfang ist aus meiner Sicht ein dicker Pluspunkt des Szenarios. Beide Spieler spielten ihre Charaktere in beeindruckender Weise aus, was wahrscheinlich auch mit daran lag, dass Gottfried’s Spieler tatsächlich ursprünglich aus der Gegend um Tübingen stammt. (Anders als ich konnte er auch den Dialekt. Zu Gunsten der allgemeinen Verständlichkeit verzichtete er aber darauf ihn auch 'in time' zu sprechen. Wir Nordlichter hätten kein Wort verstanden.)

Insgesamt war das Szenario für beide Spieler ein guter Einstieg in das Cthulhu RPG. Da Beide alle Geschichten Lovecrafts bereits mehrfach gelesen hatten, war das Setting "Deutschland in den Zwanzigern"  etwas Neues für sie und auch die Geschichte des Gauklers von Jusa kam bei ihnen gut an.

Da außerdem feststand, dass das nächste Szenario keinen Bezug zu diesem haben wird (wir sprachen vorher ab, keine durchgehende Kampagne spielen zu wollen) konnten auch die Traumata und geistigen Erschütterungen maximal ausgespielt werden, was von den Spielern ebenfalls sehr begrüßt (und unterstützt) wurde.

Alles in Allem also ein sehr gelungener Abend.

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